Tansania: Die St. Martin’s Girls Secondary School in Mbingu

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Die St.-Martin-Sekundarschule liegt in ländlichem Gebiet, welches von der Subsistenzwirtschaft geprägt ist. Die Schule nimmt nur Mädchen auf, da diese viel geringere Chancen auf eine höhere Ausbildung haben. Dank dem Internatsbetrieb fallen die täglichen Fussmärsche zur Schule und die harte Mitarbeit auf dem elterlichen Betrieb weg, sodass mehr Zeit für das Lernen bleibt. Die Schule ist auf Unterstützung angewiesen, da sie vielen Mädchen aus ärmsten Verhältnissen bei den Schulgebühren entgegenkommt.

Eckdaten des Projekts

Adresse

St. Martin’s Girls Secondary School
Mbingu
Morogoro-Region
Tanzania

Eröffnung

2004, 2009 erfolgte die staatliche Anerkennung

Leitung

Augustina Mtanga, Schulleiterin
14 qualifizierte Lehrkräfte

Begünstigte

über 200 junge Frauen aus Mbingu und Umgebung

Infrastruktur
  • Gebäudekomplex auf dem Land der Diözese mit vier Klassenzimmern, Labor für naturwissenschaftlichen Unterricht, Küche mit Unterstand zum Essen, Lehrerzimmer, Bibliothek, Büroräumen sowie Schlafsälen inklusive sanitärer Anlagen für die jungen Frauen
  • genügend Privatunterkünfte für alle Lehrkräfte
  • Garten und Felder für Gemüse-, Mais-, Reis- und Bananenanbau für den Eigengebrauch. Weitere Nutzfläche für den Anbau von Holz und Kakao zur Schaffung von Einkommen für die Schule
  • Stallungen für Nutztiere: Enten, Hühner, Schweine, Ziegen und Kühe
  • älterer Geländewagen für Fahrten und Transporte im Nahbereich
  • Solaranlage
Ausbildung und Betreuung
  • 4 Sekundarschulklassen («Form 1-4»)
  • staatliche Anerkennung der Schule und der nationalen Examen
  • Internatsbetrieb
  • medizinische Betreuung, Angebot von Sport, Tanz und Singen
Projektkosten EEF

CHF 75’000.– (2023)

Projektdauer

EEF-Unterstützung seit 2012

Projektziel

staatlich anerkannter Sekundarschulabschluss für junge Frauen. Waisen und Mädchen aus armen Familien erhalten Stipendien

Das Projekt

Ausgangslage

Die St. Martin’s Girls Secondary School liegt in Mbingu, einem Dorf umgeben von zahlreichen Streusiedlungen. Ifakara, die nächstgrössere Stadt, ist rund zwei Autofahrstunden entfernt. Die Gegend ist ländlich geprägt, und der Grossteil der Menschen lebt als Subsistenzbauern vom Mais- und Reisanbau. Trotz grosser Anstrengungen der Regierung im Bildungsbereich in den letzten Jahren gibt es in Tansania zu wenig Schulen und nicht genügend Lehrkräfte, um dem rasanten Bevölkerungswachstum gerecht zu werden.

Zwar ist die staatliche Sekundarschule in Tansania seit 2016 offiziell kostenlos, doch können viele Eltern die weiterhin anfallenden Ausgaben wie für die Uniform, den Transport, die Schulbücher oder die Unterkunft in der Nähe einer Sekundarschule nicht bezahlen. Auf dem Land sind Sekundarschulen weiterhin sehr dünn gesät. Kinder aus einkommensschwachen Verhältnissen, die sich kein Transportmittel leisten können, müssen oft lange Fussmärsche von bis zu fünfzehn Kilometern pro Weg auf sich nehmen. Erschwerend kommt für sie hinzu, dass am Abend die Zeit und das Licht für selbstständiges Erledigen der Hausaufgaben fehlen.

Aus traditionellen und kulturellen Gründen geben die Eltern bei der Schulbildung eher ihren Söhnen den Vorrang. Mädchen bleiben oftmals als Arbeitskräfte zu Hause, versuchen ihr Glück in den grösseren Städten oder heiraten früh ohne Aussicht auf Berufsbildung und eigenes Einkommen.

Projektverlauf

Die St.-Martin-Sekundarschule befindet sich auf dem Gelände der Mahenge-Schwestern. Die katholischen Schwestern eröffneten 2004 das Mahenge Sisters Education Center, welches zunächst Vorbereitungskurse und später Sekundarschulklassen anbot. Der Zustrom von neuen Schülern und Schülerinnen bewies rasch, dass eine grosse Nachfrage nach einer Sekundarschule bestand, welche erschwinglich ist und mit ihrer guten Unterrichtsqualität grosse Chancen auf einen höheren Abschluss bietet.

Diese Entwicklung blieb staatlichen Stellen nicht verschlossen: 2009 anerkannte das tansanische Bildungsministerium die Schule offiziell und registrierte sie als Privatschule. Die Schulleitung übernahm die Tansanierin Augustina Mtanga, und der Name wurde in St. Martin’s Girls Secondary School geändert. Der neue Name wies auf eine bedeutende Änderung in der Ausrichtung der Schule hin: Sie war für neu eintretende Jugendliche zu einer reinen Mädchenschule geworden.

Von Beginn weg war es ein Ziel, der lokalen Bevölkerung mehr und bessere Ausbildungsplätze anzubieten. Dabei steht die Schule für Kinder aller Glaubensrichtungen offen, und die Schülerinnenschaft setzt sich aus je rund einem Drittel Katholikinnen, Protestantinnen und Muslimas zusammen. Der Grossteil der Mädchen lebt im Schulinternat. Bloss einzelne Mädchen, welche in der unmittelbaren Umgebung wohnen, sind Tagesschülerinnen.

Das Gelände der Mahenge-Schwestern umfasst mehrere Bauten, welche seit der Gründung der Diözese nach und nach errichtet wurden. Neben dem Kloster sind auch eine Poliklinik, eine Schlosserei oder eine Schreinerei in Betrieb. Diese Strukturen bildeten die Grundlage für die Eröffnung der Sekundarschule in provisorisch genutzten Gebäuden. In Zusammenarbeit mit dem EEF gelang es der Schwesternkongregation 2019 die erste Etappe eines Neubaus für die St.-Martin-Sekundarschule zu erstellen. Damit bietet die Infrastruktur deutlich bessere Voraussetzungen für den Unterricht und die Unterkunft der jungen Frauen. Umliegende Felder und Gärten darf die Schule für den Anbau von Nahrungsmitteln zur Selbstversorgung nutzen, wobei in der Erntezeit die Schülerinnen bei der Arbeit auf dem Feld mithelfen. Weitere Flächen nutzt die Schule für die Tierhaltung und für die Bewirtschaftung von Produkten (Bauholz, Kakao), deren Ertrag der Schule in Zukunft mehr Eigenmittel einbringen wird.

Erfolge und Herausforderungen

Die St.-Martin-Sekundarschule geniesst einen ausgezeichneten Ruf, und entsprechend gross ist die Nachfrage nach einem Platz an der Schule. Die Abschlussresultate der Schülerinnen sind dank dem grossen Einsatz des Kollegiums bemerkenswert. Nicht zuletzt weil es in Tansania an vergleichbaren Institutionen mangelt, kommen Mädchen von weit her in das entlegene Mbingu, um dort eine qualitativ gute Sekundarschulbildung zu erhalten. Seit 2012 rangierte die St.-Martin-Schule im nationalen Vergleich der Abschlussnoten stets unter den besten 15 Prozent der Schulen in Tansania, und alle Schülerinnen schafften die Promotion.

Eine Internatsschule bietet viele Vorteile. Die Mädchen können rund um die Uhr betreut werden. Sie haben die Möglichkeit, auch am Abend den Schulstoff zu vertiefen, was ihre schulischen Leistungen steigert. Regelmässige Sport- und Spielanlässe sowie ausgewogene Ernährung und medizinische Betreuung verbessern ihre Gesundheit. Das Internat bietet den Mädchen Sicherheit und verhindert frühe Schwangerschaften. Dies sind wichtige Voraussetzungen dafür, die Sekundarschule erfolgreich abzuschliessen.

Für die St.-Martin-Sekundarschule ist es angesichts des entlegenen Standorts eine Herausforderung, ihre gut qualifizierten Lehrkräfte über längere Zeit zu halten. Dank Spenden an den equal education fund (EEF) war es möglich, bis Anfang 2016 genügend Unterkünfte für alle Lehrerinnen und Lehrer zu erstellen. Seither blieb der Lehrkörper praktisch unverändert. Weiterbildungskurse helfen zudem, die Unterrichtsmethoden stetig zu verbessern und die Motivation der Lehrkräfte hoch zu halten.

Gemäss dem Projektkonzept erhalten hauptsächlich Mädchen aus der Region Zugang zur Sekundarschule. Die Schulgebühren sind so veranschlagt, dass sie für eine durchschnittliche Familie in der Umgebung tragbar sind. Können Eltern trotzdem nicht voll für die Kosten aufkommen und weist ihre Tochter gute Schulresultate aus, so reduziert die Schulleitung die Schulgebühren und spricht ein Teilstipendium. Die Unterstützung des EEF hilft, diesen sozialen Aspekt des Projektes zu finanzieren.

Ziele

Mädchen in der Umgebung von Mbingu eine qualitativ gute Sekundarschulbildung ermöglichen. Besondere Unterstützung erhalten junge Frauen aus mittellosen Verhältnissen, damit auch sie vom Angebot profitieren können.

Durch den Internatsbetrieb die schulischen Leistungen der Schülerinnen verbessern und ihre körperliche und geistige Entwicklung mit gesundheitlicher Betreuung, ausgewogener Ernährung, Mentoring sowie Sport- und Spielanlässen fördern.

Umsetzen des Plans, wie die Schule nach Abschluss einer Investitionsphase ihre finanzielle Selbstständigkeit erreichen und gleichzeitig ihre soziale Leistung für Mädchen aus Mbingu erfüllen kann.

Unterstützung durch den EEF

Der Kontakt des equal education fund (EEF) zur St.-Martin-Sekundarschule entstand durch eine Baldegger Schwester. In Tansania geboren, unterrichtete sie dort mehrere Jahre, bevor sie 1963 in die Schweiz kam. Hier studierte sie – unter anderem bei einem EEF-Mitglied – an der Hochschule und arbeitete danach als Lehrerin. 2004 kehrte sie nach Tansania zurück, um die St.-Martin-Schule mitzutragen. Die direkte Unterstützung in Mbingu begann der EEF im Mai 2012, nachdem sich der EEF-Geschäftsleiter vor Ort ein detailliertes Bild der Schule machen konnte. Der Vereinsvorstand beschloss, die Unterstützung auf Stipendien für Mädchen aus Mbingu und Umgebung zu konzentrieren, welche die Schulgebühren nicht bezahlen können. Jährlich wird dabei die Situation der Haushalte überprüft und deren Bedürftigkeit abgeklärt.

Ein weiterer Schwerpunkt der Zusammenarbeit bildet die Unterstützung im administrativen Bereich und in Bezug auf die Berichterstattung. Der EEF führte ein Buchhaltungssystem ein und regelte die Ablage der Quittungen neu. Diese Instrumente ermöglichen einen klaren Überblick über Kosten und Einnahmen. Sie bildeten auch die Grundlage für die Erarbeitung eines Plans, wie die Schule finanziell unabhängig von Geldern des EEF werden kann.

Da die provisorisch genutzten Gebäude nicht allen staatlichen Vorgaben für eine Schulinfrastruktur entsprachen, wurde ein Neubau der St.-Martin-Sekundarschule notwendig. Neben der Unterstützung für den Bau von Lehrerunterkünften und für die Elektrifizierung der Schule mit einer Solaranlage konnte der EEF dank grosszügigen Spenden und Beiträgen auch helfen, die erste Etappe des Neubaus zur Hälfte zu finanzieren. Die andere Hälfte brachte die Trägerin der Schule, die Schwesternkongregation, auf. 2019 konnte der Schulbetrieb in den neuen Gebäuden aufgenommen werden. Die hier verfügbaren Landreserven erlauben einen Ausbau der Infrastruktur.

Nachdem in den Jahren 2020 und 2021 die Nachfrage etwas stagnierte, fragten ab 2022 wieder mehr Eltern nach einem Platz an der Schule für ihre Tochter. Der EEF will daher mithelfen, mit zusätzlichen Gebäuden die Kapazität der Schule zu erhöhen. Damit kann die St.-Martin-Schule den Selbstdeckungsgrad steigern. Zusammen mit der schuleigenen Mittelbeschaffung und den Erträgen aus der Landwirtschaft wird die Schule auf diese Weise in Zukunft selbsttragend sein.

Tansania

Bevölkerungszahl

63,8 Millionen Einwohner (Schätzung 2022)

Fläche

945’090 km²
(knapp dreiundzwanzigmal die Fläche der Schweiz)

BIP pro Kopf

CHF 2’400.– (2020, kaufkraftbereinigt)

EEF-Karte St.-Martin-Sekundarschule Tansania

​Preise in Mbingu (Stand Juni 2019)

  • 1 Liter Benzin:
    CHF 1.05
  • 1 Liter Milch:
    CHF –.45
  • 1 Liter Coca-Cola:
    CHF –.65
  • 1 Kilo Brot:
    CHF 1.30
  • 1 Kilo Reis:
    CHF –.50
  • 1 Kinobillett:
    CHF –.05 (Fussballübertragung in einer Bar. Ein Kino gibt es nicht.)
  • 1 Paket Zigaretten:
    CHF 1.70
  • 1 Stück Seife:
    CHF –.20

Quellen:
Internationaler Währungsfonds, CIA World Factbook, Angaben von Augustina Mtanga, eigene Gestaltung und eigene Berechnungen

Video

Projektpräsentation