Guatemala: Die Quartierschule La Esperanza in Chimaltenango

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La Esperanza ermöglicht über 60 Jugendlichen den Zugang zu einer bezahlbaren Sekundarschule mit anerkanntem Abschluss. Der Unterricht ist stark schülerzentriert und fördert kritisches Denken und Problemlösung. Gewaltprävention, gegenseitiger Respekt und Steigerung der Selbstverantwortung sind wichtige Elemente der Ausbildung. Eigene Initiativen setzen die Jugendlichen mit Veranstaltungen, Handwerksarbeiten oder Geschäftsideen in die Praxis um und sammeln so Erfahrungen im sozialen Unternehmertum.

Eckdaten des Projekts

Adresse

Proyecto Educativo La Esperanza
La Esperanza 5-20, Zona 6 Chimaltenango
Chimaltenango
Guatemala
Telefon: +(502) 3450 3915

Eröffnung

2011

Leitung

Hilda Vásquez, Direktorin

Begünstigte
  • Über 60 Jugendliche aus ärmsten Verhältnissen im Quartier La Esperanza sowie aus umliegenden Quartieren
  • Die Eltern der Jugendlichen sind im Projektkontext stark miteinbezogen und werden ebenfalls beraten und entlastet
  • 15 Primarschülerinnen und -schüler aus dem Quartier erhalten Stützunterricht
Infrastruktur
  • gemietetes Projektzentrum mit drei Klassenzimmern, Bibliothek, Büro, überdachtem Innenhof, kleiner Küche und drei Toiletten
  • Unterrichtsmaterialien, Computer mit Lernsoftware, Spiele, Musikinstrumente, Theater- und Sportutensilien
Ausbildung und Betreuung
  • 5 Sekundarschulklassen (1-3 «Básico», 4-5 «Diversificado») mit bezahlbaren Schulgebühren
  • staatliche Anerkennung der Schule und des Abschlussexamens
  • Wochenendschule
  • Ermutigung zur zivilgesellschaftlichen Teilnahme und Förderung des sozialen Unternehmertums
  • Aufklärungsarbeit und Kurse zu Gewaltprävention
  • Förderung der guatemaltekischen Kultur mit Tanz, Theater und anderen Kursen
  • Handarbeit und Sportangebot
  • Erwachsenenbildung für die Eltern
  • Stützunterricht am Jahresende für Primarschülerinnen und -schüler aus der Umgebung
Projektkosten EEF

CHF 39’400.– (2023)

Projektdauer

EEF-Unterstützung seit 2016

Projektziel

Über 60 Jugendliche erhalten Zugang zu einer bezahlbaren Sekundarschule mit anerkanntem Abschluss. Der Unterricht fördert kritisches Denken und Problemlösung. Aufzeigen und Einüben von gewaltfreiem Handeln in ergänzenden Kursen

Das Projekt

Ausgangslage

Guatemala ist das bevölkerungsreichste Land in Zentralamerika. Eine Besonderheit in der Region ist der mit rund 40 Prozent höchste Anteil von Menschen mit indigener Herkunft. Sie sind in der Regel schlechter ausgebildet und haben weniger Zugang zu lukrativen Berufen. Das Land leidet bis heute unter den Nachwirkungen eines Bürgerkriegs. Seither gehört Gewalt für viele Guatemaltekinnen und Guatemalteken zum traurigen Alltag. Drogen- und Bandenkriminalität grassiert in den städtischen Ballungsgebieten, und in ländlichen Gegenden flammen immer wieder Landkonflikte auf.

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung – überproportional die indigenen Bevölkerungsgruppen – lebt in Armut. Sie leidet unter einer beträchtlichen Arbeitslosigkeit und einer prekären Gesundheitsversorgung. Insbesondere bedenklich ist die Situation der Jugendlichen. Die Regierung unterstützt fast ausschliesslich die Primarschule, sodass nach Abschluss der Grundstufe die staatlichen Bildungsangebote äusserst begrenzt sind. Jugendliche mit geringen finanziellen Ressourcen finden keinen Zugang zu einer Berufsausbildung oder einer Sekundarschule. Viele Primarschulabgängerinnen und -abgänger riskieren deshalb, in die Drogen- und Bandenkriminalität oder die Prostitution abzugleiten.

Projektverlauf

Hilda Vásquez verfügt über einen Masterabschluss in Pädagogik und Schuladministration und unterrichtete bis zum Projektstart an anderen Schulen. 2010 organisierte sie in ihrem eigenen Haus einen Lese- und Schreibkurs für 15 indigene Frauen. Die Kursteilnehmerinnen machten Hilda auf das Bedürfnis einer bezahlbaren Sekundarschule für ihre Kinder aufmerksam. Mehrere Lehrkräfte erklärten sich bereit, freiwillig an der Quartierschule zu unterrichten. Sie halfen auch mit Gelder zu generieren, um auf einem gemieteten Grundstück einen einfachen Unterstand mit Wellblech zu errichten. Der Unterricht begann 2011 mit einer Klasse, nachdem die notwendigen Schulbänke hatten gekauft werden können.

Der Gründungsvorstand der Trägerorganisation setzte sich aus Eltern zusammen, die selbst gerade erst Lesen und Schreiben gelernt hatten. Von Beginn an engagierten sie sich bei Bauarbeiten und trugen zur Erweiterung der Schule bei. Mit gelegentlichen Spenden konnte die Schulleitung erste Lehrmittel kaufen und zwei weitere Klassenzimmer sowie drei Toiletten bauen. Die Schülerzahl ist zwischenzeitlich auf über 60 Jugendliche angewachsen, die in fünf Sekundarschulklassen eingeteilt sind. Die Registrierung des Trägervereins und die offizielle staatliche Anerkennung der Quartierschule La Esperanza folgten im Jahr 2014. Das Abschlusszeugnis ermöglicht damit im ganzen Land eine weiterführende Ausbildung an höheren Sekundarschulen oder den Besuch einer Berufsausbildung.

Die gute Vernetzung mit öffentlichen und privaten Organisationen erlaubte den kontinuierlichen Ausbau eines zusätzlichen Kursangebots. Neben der Pflege der guatemaltekischen Kultur lernen die Jugendlichen Strategien der gewaltfreien Konfliktlösung kennen und erhalten Informationen zu sexueller Aufklärung oder Folgen des Drogenkonsums. Weitere Kursinhalte sind der Umgang mit sozialen Medien, Mobbing oder der Umweltschutz. Sport und Handwerksarbeiten finden im Wochenplan ebenso Platz wie Computerunterricht und Buchhaltung. Ein Drittel der Schülerschaft bildet die Gruppe der Vorreiter («Grupo de Lideres»), welche für sich und die anderen mehr Verantwortung übernimmt. Vertreter der Vorreitergruppe gestalten beispielsweise den Stützunterricht für 15 Primarschüler aus der Umgebung. Die Gruppe der Vorreiter wird zudem in der Gewaltprävention speziell geschult und vermittelt diese Lerninhalte danach in Workshops an anderen Schulen. Jedes Jahr erarbeitet diese Gruppe auch ein Konzept, wie sie Gelder für die Schule erwirtschaften kann. Kreative Ideen werden erprobt, und die Grundzüge des Unternehmertums können praxisorientiert kennen gelernt werden.

Erfolge und Herausforderungen

Im Gegensatz zu den anderen Schulen in der Stadt wird der guatemaltekische Lehrplan nicht nur frontal vermittelt, denn die Lehrkräfte verlangen eine aktive Teilnahme und die praktische Anwendung des Gelernten durch die Jugendlichen. Dazu fördern sie bewusst kritisches Denken und Problemlösung. Häufig arbeiten die Jugendlichen in kleinen Gruppen oder bereiten Präsentationen vor, die sie dann im Plenum vorstellen. Auf diese Weise lernen sie nicht nur eine Präsentation strukturiert und verständlich zu gestalten, sondern verlieren auch die Angst, vor anderen Menschen zu sprechen. Diese Fähigkeit kommt ihnen später zugute, wenn es zum Beispiel darum geht, ein Bewerbungsgespräch zu führen.

Die Schule stellt einen klaren Gegenpol zu den rauen sozialen Verhältnissen und dem hohen Ausmass an Kriminalität in Chimaltenango dar. Auf dem Areal wird keine Gewalt akzeptiert. Die gegenseitige Achtung der Geschlechter wird gelebt, und die traditionelle Kultur der Mayas erhält Platz. Das Kunst- und Kulturangebot und die vielseitigen Workshops tragen dazu bei, dass die Jugendlichen lernen, ihre Freizeit ohne Gewalt und mit sinnvollen Inhalten zu gestalten. Mit der bestehenden Infrastruktur können über 60 Schülerinnen und Schüler in fünf Klassen und einer Wochenendklasse unterrichtet werden. Die Grösse des Grundstücks erlaubt keinen Ausbau des Klassenbestands. Doch nur mit grösseren und zusätzlichen Klassen können die Fachlehrkräfte effizienter eingesetzt und der Selbstdeckungsgrad von La Esperanza erhöht werden. Dazu wäre ein Neubau auf einem grösseren Grundstück notwendig.

Ziele

Über 60 Jugendliche aus einkommensschwachen Verhältnissen erhalten Zugang zu einer für sie bezahlbaren Sekundarschule. Dank qualitativ gutem Unterricht wird sichergestellt, dass mindestens 85 Prozent der Schülerinnen und Schüler bei La Esperanza jährlich die Promotion in die nächste Klasse schaffen.

Ein umfassendes Kultur-, Kunst- und Sportprogramm sowie vielseitige Workshops mit Schwerpunkt auf Gewaltprävention ergänzen die formale Schulbildung. Die Jugendlichen sollen sich ihrer Rechte und Pflichten bewusst sein und Alternativen zu einem von Gewalt geprägten Leben kennen lernen.

Der Spezialunterricht für die Gruppe der Vorreiter («Grupo de Lideres») befähigt deren Mitglieder, zentrale Werte des gewaltfreien Zusammenlebens vorzuleben und der restlichen Schülerschaft zu vermitteln. Schrittweise übernehmen sie mehr Verantwortung bei der Organisation und Finanzierung des Schulbetriebs und sammeln konkrete Erfahrungen im Unternehmertum. Kontinuierliche Erweiterung der Zusammenarbeit und Vernetzung mit lokalen NGO und Staatsstellen helfen, das Kurs- und Veranstaltungsangebot der Schule zu ergänzen. Pflegen und Ausbauen des Beziehungsnetzes zu nationalen und internationalen Körperschaften, welche den Schulbetrieb mitfinanzieren.

Unterstützung durch den EEF

Der Präsident des equal education fund (EEF) besuchte 2015 erstmals das Projekt La Esperanza und war sogleich beeindruckt vom interessanten Konzept und dem grossen Einsatz der Projektverantwortlichen. 2016 folgte der Besuch eines EEF-Teams, dessen Evaluation die Grundlage für den Entscheid des EEF-Vorstands zur Projektunterstützung bildete. In einem ersten Schritt beschloss der EEF, das Bestehende auf eine solide Basis zu stellen. Insbesondere sollten die Löhne der Angestellten gesichert und die Durchführung sämtlicher Kurse und Workshops garantiert werden.

Seit dem Beginn der Partnerschaft legt der EEF den Projektverantwortlichen nahe, vermehrt alternative Einkommensquellen zu finden. Neben eigenem Fundraising kommt dabei dem Ausbildungselement im Bereich Unternehmertum einige Bedeutung zu. Bereits hat La Esperanza beachtliche Erfolge erzielt. Darauf gilt es aufzubauen. Seit dem Beginn der Partnerschaft überzeugt die Berichterstattung der Projektleiterin. Verbesserungspotenzial sieht der Verein bei der Buchhaltung. Die Projektverantwortlichen profitieren dabei vom Know-how des EEF im administrativen und planerischen Bereich. Mittelfristig kommt die Ausarbeitung eines Konzepts und eines Finanzierungsplans für den Bau einer grösseren Schule hinzu, mit welcher der Selbstdeckungsgrad gesteigert werden kann.

Guatemala

Bevölkerungszahl

17,7 Millionen Einwohner (Schätzung 2022)

Fläche

108’889 km²
(fast dreimal die Fläche der Schweiz)

BIP pro Kopf

CHF 7’800.— (2020, kaufkraftbereinigt)

EEF-Karte Quartierschule La Esperanza Guatemala

Preise in Chimaltenango (Stand September 2018)

  • 1 Liter Benzin:
    CHF 1.–
  • 1 Liter Milch:
    CHF 1.55
  • 1 Liter Coca-Cola:
    CHF –.90
  • 1 Kilo Brot:
    CHF –.50
  • 1 Kilo Reis:
    CHF 1.05
  • 1 Kinobillett:
    CHF 3.85
  • 1 Paket Zigaretten:
    CHF 2.55
  • 1 Stück Seife:
    CHF –.50

Quellen:
CIA World Factbook, Unicef, Angaben von Hilda Vásquez, eigene Gestaltung und Berechnungen

Video

Interview mit Begünstigten